Aussichtsgipfel zwischen Allgäu und Lechtal, 30.08. - 02.09.2024
Auf dem Enzensperger Weg durch die Hornbachkette über Bretterspitze, Großen Krottenkopf und Muttlerkopf.
Diese feine Bergtour mit hohem Einsamkeitsfaktor bietet Bergpanoramen satt und ursprüngliche Hütten in einer eigentlich viel begangenen Gegend. Aber von vorn.
Tag 1: Hinterhornbach - Kaufbeurer Haus
Erich hat praktischerweise einen Sprinter gemietet, mit dem wir alle zusammen ins Lechtal fahren. Wir, das sind Erich und Corinna, Andrea, Anette, Anke, Gina, Joachim, Martin und Robert.
In Hinterhornbach starten wir mit dem Aufstieg zum Kaufbeurer Haus. Der Weg ist kurz, steil und geht stetig in Kehren hinauf, immer den langsam useinanderbrechenden Hochvogel im Blick. In gut 2 Stunden erreichen wir die Hütte. Sie liegt traumhaft auf 2.007 m im Urbeleskar mit Blick auf Urbeleskarspitze, Bretterspitze und Hochvogel. Abends kann man Gemsen gucken gehen. Das Selbstversorgerhaus ist nur am Wochenende bewirtschaftet. Essen gibt es, solange der Vorrat im Jahr reicht. Wir haben Glück. Hüttenwirt Jürgen Schimmelpfennig bringt zum Abendbrot zwei große dampfende Töpfe aus der Küche.
Die Hütte ist klein, gemütlich und setzt den Fokus aufs Bergsteigen. Der Waschraum ist draußen am Brunnen, das kühle Bergwasser dafür extrem erfrischend nach dem schweißtreibenden Aufstieg. Wer auf Annehmlichkeiten aus dem Tal verzichten kann, wird die Hütte lieben.
Tag 2: Kaufbeurer Haus - Bretterspitze - Hermann von Barth Hütte
Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie viel besser Instantkaffee schmeckt, wenn er mit Bergwasser aufgebrüht wird. Nach dem mitgebrachten Frühstück machen wir uns an den Aufstieg zur Bretterspitze. Martin hat seine Brotzeit liegen lassen und dreht noch mal um. Zunächst geht es durch Geröll im Urbeleskar und dann über eine Felsstufe hinauf zur Schwärzer Scharte auf 2.500 m. Von hier führt ein schmaler Weg am Grat hinauf zur Bretterspitze. Nach 1,5 Stunden genießen wir eine atemberaubende Rundsicht auf die Lechtaler und Allgäuer Alpen. Durch Glieger-, Woleggles-, Sattel- und Noppenkar geht es weiter zum Balschtesattel. Ein Teil der Gruppe besteigt von hier die Rotwand, der andere Teil chillt am Sattel. Die Gipfelaspiranten sind rasch wieder zurück, am Rotwandgipfel sind gerade Insektenschwärme ansässig. Die letzte Etappe führt uns durch das Balschtekar direkt zur Hermann von Barth Hütte auf 2.131 m.
Erst Schuhe aus und einchecken, empfängt uns der Wirt. Erich und Corinna sind großzügig und übernehmen das. Wir kümmern uns auf der Terrasse erst mal um unsere trockenen Kehlen. Zu Andrea’s Bedauern ist es für Kaiserschmarrn nun aber schon zu spät. Wir haben das Winterlager für uns allein, mit Waschraum, Toilette und Vorzimmer. Die Hermann von Barth Hütte ist gut in Schuss, der Gastraum gemütlich und die Speisekarte bietet alles, was sich das Bergwandererherz wünscht. Der Himmel ist grau geworden und am Abend gibt es noch ein Gewitter. Dafür zeigt sich über dem Berg ein prächtiger Regenbogen und die Alpensalamander kommen raus.
Tag 3: Hermann von Barth Hütte - Großer Krottenkopf - Kemptner Hütte
Heute starten wir mit einem Frühstücks-Buffett, für das uns Erich ein bisschen mehr Zeit eingeräumt hat. Das brauchen wir auch, denn der höchste Gipfel der Allgäuer Alpen steht auf der Agenda. Durch Wolfebner-, Birger- und Hermannskar gelangen wir zum Hermannskarsee. Hier machen wir ein erstes Päuschen und fotografieren das Wasser, das gar nicht so kalt ist. Jetzt ist die Krottenkopfscharte schon in Reichweite. Wir parken dort unsere Rucksäcke und nun geht’s los. Der Aufstieg geht steil, steinig, zum Teil ausgesetzt und durch schrofiges Gelände. In manchen Passagen mit Handeinsatz, kurz vor dem Gipfel noch über eine Platte und einen kleinen Grat. Nach etwa einer Stunde stehen wir am wunderschönen Gipfelkreuz des Großen Krottenkopfs auf 2.656 m. Auf dem Gipfel bietet sich uns eine kolossale Sicht auf die Allgäuer Alpen. Ein Gruppenfoto ist natürlich Pflicht, heute sind ausnahmsweise auch mal andere Menschen da, die das übernehmen. Nun steuern wir unser heutiges Ziel an, das jedem E5-Wanderer ein Begriff ist. Anfangs geht es recht steil bergab und dann immer moderater durch breite Hochtäler unterhalb von Felswänden über einen schönen Höhenweg. Die Bergwiesenblüte ist noch in vollem Gange.
Die Kemptner Hütte ist angenehmer als manche von uns ob ihrer Größe und E5-Popularität befürchtet hatten. Eine nette aufmerksame Bedienung bringt uns kühles Bier auf der sonnigen Hüttenterrasse, dass wir uns heute, wie eigentlich jeden Tag, verdient haben. Und der Übernachtungskomfort erreicht hier seinen Höhepunkt der ganzen Tour: Wir schlafen in Zimmern mit richtigen Betten.
Tag 4: Kemptner Hütte - Muttlerkopf - Holzgau
Jeder letzte Tag einer Bergtour endet im Tal. Aber einen Gipfel besteigen wir noch: den 2.363 m hohen Muttlerkopf. Der Hausberg der Kemptner Hütte ist zügig und ohne größere Schwierigkeiten erstiegen und ein wirklich lohnendes Gipfelziel, wenn man schon mal hier ist. Oben angekommen kann man sich auf österreichisches oder deutsches Staatsgebiet stellen. Ins Gipfelbuch hat jemand geschrieben, es sei zu wenig grün und zu steinig. Wir schütteln die Köpfe
und wenden uns dem wieder einmal atemberaubenden Rundumblick auf Mädelegabel, Trettachspitze und Hohes Licht zu. Und wieder einmal haben wir den Gipfel nur für uns allein und versuchen, uns am letzten Tag an den umliegenden Bergen satt zu sehen. Den Abstieg nach Holzgau nehmen wir auf kleinen Pfaden durch Latschen und an plätschernden Bächen vorbei bis wir auf der Hängebrücke in Holzgau stehen. Das ist unser letzter Tiefblick, immerhin rund 80 Meter.
Zum Abschluss kehrten wir noch in eine Pizzeria in Elbigenalb ein und ließen die Tour sowie unsere Erlebnisse Revue passieren.
Fazit
Diese 4-tägige Bergwandertour kommt eher unauffällig daher, entpuppt sich dann aber als ein echtes kleines Highlight. Einsam, ursprünglich, aussichtsreich, und die Berghütten mit Charakter. Die schwarzen Bergwege sind gut markiert, erfordern Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, sind aber ohne technische Schwierigkeiten gut machbar.
Und: Erich und Corinna haben uns in jeder Hinsicht ganz ausgezeichnet durch die Hornbachkette geführt!
In Wanderführersprache: Supi!
Text: Anke Niklas
Bilder: Erich Pankratz, Teilnehmer