E5 - Alpenüberquerung von Oberstdorf nach Bozen, 06.09. - 15.09.2018
Voller Vorfreude und bei bestem Wanderwetter reisten 14 Teilnehmer zusammen mit unseren Tourleitern Elke und Ingo mit dem Zug nach Oberstdorf. Um den 1. Tag mit Anreise und Wanderung nicht zu lang werden zu lassen, hatte Elke einen Bustransfer nach Spielmannsau organisiert, wodurch wir uns die ersten 12 km der Etappe heute ersparen konnten. Unser Weg führt uns zunächst das Trettachtal hinauf, dann im Wald über den Warmatsrücken zum Sperrbach. Der weitere Aufstieg erfolgt dann entlang des Sperrbachtobels. Steile Passagen sind stellenweise mit Stahlseilen gesichert. Kleine Bachzuflüsse, die über den Hang hinunterlaufen sorgen für willkommene Erfrischung. Die Route verläuft dann in großem Bogen über Bergwiesen zur Kemptner Hütte. Wir beziehen im Raum ‚Kratzer‘ unser Quartier und Elke witzelt, ob sich das hoffentlich nicht auf uns nach einer Nacht im Massenlager (26 Personen) bezieht. Die Hütte ist komplett ausgebucht und viele der anderen Wanderer werden wir in den nächsten Tagen öfter treffen. Bis zum Abendessen haben wir uns schon alle ein wenig kennenlernen können und die ‚UNO-Gruppe‘ hat sich auch schnell gefunden und bis zur Hüttenruhe gespielt.
Der 2. Tag beginnt mit Frühstück um 6:30 Uhr. Die Wolken hängen leider bis zum Boden. Da ist Regenausrüstung angesagt. Nach dem kurzen Anstieg zum Mädelejoch, ist auch die Grenze zu Österreich erreicht. Der zunächst steile Abstieg gestaltet sich wegen der feuchten Witterung dann doch schwierig. Später geht es zwar gemütlich entlang des Rossgumpenbachs abwärts, nur leider beginnt es zu regnen. Das Highlight des Vormittags wird dann die Überquerung der Hängebrücke Holzgau. Mit 200 m Länge überspannt diese das Höhenbachtal und der Gitterboden gibt freie Sicht auf den Talboden 100 Meter unter uns.
Nachdem wir uns in Holzgau im Gasthof ‚Zum Bären‘ aufgewärmt haben folgt das nächste Highlight. Mit dem ‚E5 Taxi Feuerstein‘ geht es ins Madautal. Unsere Fahrerin, der wir den Namen Wilma gegeben haben, jagt den Kleinbus in abenteuerlichem Tempo eine noch abenteuerliche Schotterstrecke hinauf, die man so nur in Nepal oder den Anden vermuten würde. Von der Materialseilbahn sind es dann nochmal 800 Höhenmeter und 2 Stunden Anstieg zur Memminger Hütte. Die ist bis auf den letzten Platz belegt und die Gäste müssen in zwei Schichten essen. Die Zeit bis zum Abendessen wird wieder mit UNO überbrückt. Selbst die Entnahme der letzten Brotscheibe aus dem Körbchen wird dann mit ‚Uno Uno‘ kommentiert.
Am 3. Tag gibt es Frühstück schon um 6 Uhr. Fast alle E5 Gruppen brechen wie wir so gegen 7 Uhr auf. Im Laufe der Nacht sind alle Wolken verschwunden und die aufgehende Sonne erstrahlt die Bergspitzen gegenüber. Nachdem wir den ‚Unteren Seewisee‘ hinter uns gelassen haben beginnt der geröllige Anstieg vorbei an Steinböcken und Schneehühnern. Diagonal zum Hang verläuft der Weg zur Seescharte und der Blick zurück bietet ein phantastisches Panorama über die Seewiseen und die Lechtaler Alpen. Die letzten Meter vor der Scharte sind stahlseilgesichert und hier stauen sich die Wanderer wie am Hillary Step. Nach Überschreiten der Scharte erwartet uns ein spektakulärer Blick Richtung Inntal, wo die die Sonne gerade dabei ist, die Wolken aus dem Tal heraus zu drängen. Mit diesem Hochgefühl machen wir uns an die 1800 Höhenmeter Abstieg nach Zams. Und die ziehen sich. Zwar lenkt die wunderschöne Landschaft davon ab, aber bei einigen sagen die großen Zehen immer wieder an den Schuhspitzen ‚Hallo‘. Da sind wir aber froh, dass wir von Zams aus mit der Venetbahn zur Schihütte Zams fahren können. Bei sommerlichen Temperaturen gönnen wir uns das eine oder andere kühle Getränk auf der Terrasse. Die spontan gegründete Selbsthilfegruppe der Zehenschmerzgeplagten versucht sich zunächst mal mit Nägelkürzen zu behelfen. Nach zwei Nächten im Massenlager genießen alle die 4 Bettzimmer mit eigenem Bad.
Der 4. Tag ist ein Sonntag. Der tiefenentspannte Wirt mit der Rastafrisur schläft da auch mal gerne aus. Somit gibt es Frühstück erst um 7 Uhr, dafür sogar mit Brötchen. Mit der Venetbahn geht es dann ganz rauf zur Venet Gipfelhütte. Von dort geht es entlang des Grats zur Glanderspitze und weiter zum Wannejöchl. Bei wolkenlosem Himmel genießen wir im Norden das Panorama der Lechtaler Alpen, im Süden den Blick auf die Ötztaler Alpen. Der lange Abstieg nach Wens bringt Füße und andere geplagte Körperteile wieder in Erinnerung. Von Wens aus fahren wir mit einem Sammeltaxi das Pitztal hoch bis nach Mittelberg. Vor Aufstieg zur Braunschweiger Hütte stärken wir uns nochmal ordentlich, denn wir haben noch 2,5 Stunden und 1000 Höhenmeter vor uns. Der steile Anstieg verläuft dicht am Wasserfall, mit vielen stahlseilgesicherten Passagen. Ein kurzes Wegstück führt dann entlang der Schotterpiste, dann steigen wir über den Jägersteig weiter zur Braunschweiger Hütte auf. Und der Weg zieht sich gefühlt unendlich den Hang hoch. Um 18 Uhr sind wir alle oben angekommen und Elke ist stolz auf uns. Belohnt wird man hier außerdem mit einem phantastischen Gletscherpanorama mit Karlesferner und Mittelbergferner. Wenn man dann mal gesessen hat möchte man sich allerdings gar nicht mehr bewegen. Aber grundsätzlich hat keiner aus unserer Gruppe größere Probleme, zumindest keine, die nicht mit Sport Tape zu behandeln wären.
Am 5. Tag bietet es sich tatsächlich an, zum Abmarsch um 7 Uhr die Mütze und Handschuhe rauszuholen, auf 2759m Höhe war es schon kalt diese Nacht. Nach dem kurzen Aufstieg zum Pitztaler Jöchl (2996m) haben wir den höchsten Punkt unserer Wanderung erreicht. Zunächst Richtung Rettenbachferner steigen wir dann über einen neuen Klettersteig runter zum Skigebiet Sölden ab. Da laufen die Vorbereitungen auf die Skisaison schon auf Hochtouren. Der Weg führt dann zunächst das Rettenbachtal hinunter und später oberhalb Sölden entlang des Ötztals. Auf der Löple Alm kehren wir für eine kleine Jausenpause ein. Der weitere Abstieg nach Zwieselstein läuft sich danach schon wie von selbst. Mag es daran liegen, dass heute quasi Bergfest ist, oder dass sich der Körper langsam an die Belastung gewöhnt hat, die Stimmung ist super. Selbst die Zehgeplagten haben dank Michaels Schuhschnürtechnik keine Probleme mehr.
In Zwieselstein trennen sich die Wege der E5-Wanderer, die nach Meran laufen. Für uns geht es heute über das Timmelsjoch nach Moos in Italien. Unsere Pension bietet ein Mega Frühstücksbuffet an. Nach der eingeschränkten Auswahl der letzten Hütte würde man es hier frühstückstechnisch gerne richtig krachen lassen. Aber der Tag heute beginnt ja gleich mit dem Aufstieg. Elke legt ein konstantes Tempo vor und ich bin erstaunt, wie gut sich die Beine seit gestern regeneriert haben. Der Aufstieg aufs Timmelsjoch ist ein Traum, ebenso das Panorama. Da bleibt auch mal Zeit für lustige Fotos und ein Gruppenfoto. Die Aussicht auf Einkehr im Gasthof Hochfirst lässt uns zügig absteigen. Leider ist der Weg zum Gasthof durch einen Steinschlag gesperrt. Nach einer Vesperpause am Bach geht es durch das wunderschöne Örtchen Rabenstein weiter das Passeiertal hinunter. In Platt werden wir mit einer Pension mit 2-Bettzimmer und Bad im Zimmer belohnt.
Und wieder startet ein Tag mit humanen Aufstehzeiten und tollem Frühstück. Mit dem Bus geht es nach St. Leonhard. Die Temperaturen sind ebenfalls italienisch und wir sind froh, dass der steile Teil des Anstiegs durch Wald führt. Diverse Tafeln am Weg informieren über das Leben des Tiroler Volkshelden Andreas Hofer. Dann geht es hangparallel bis zur Hirzer Hütte und man denkt schon, dass man ewig so weiterlaufen könne. Die urige Hirzer Hütte überrascht mit einer Alpakazucht, einer besonderen Kegelbahn und einer frechen Katze. Und es gibt endlich mal Buttermilch.
Am 8. Tag wird es nochmal spannend. Der Aufstieg zur Hirzer Scharte über den Gebirgsjägersteig erfordert volle Konzentration und auch die Zuhilfenahme der Hände. Belohnt wird man mit einem phantastischen Blick bis hin zu den Dolomiten. Die Trittsicheren machen dann noch einen Abstecher auf den Gipfel des Hirzer (2781m). Nach zunächst steilem Abstieg durch Geröll führt die Etappe in ständigem Hoch und Runter durch ganz abwechslungsreiche Landschaft, die vor der Meraner Hütte in eine hügelige Wiesenlandschaft übergeht. Im Laufe des Tages kommen Wolken auf, das Gewitter lädt sich aber nur im Tal ab.
Am letzten Tag der Wanderung machen wir uns schon fast wehmütig auf den Weg. Passend dazu ist der Himmel bewölkt. Immerhin reißen die Wolken im Verlauf des Tages auf. Über weite Almwiesen führt uns der Weg zunächst übers Kreuzjöchl und danach bergab über den nach Süden flacher werdenden Rücken des Tschöggelbergs. Der Abstecher zu den ‚Stoanernen Mandeln‘ ist nochmal ein echtes Highlight. Ansonsten ist heute nur Kondition angesagt, denn der Weg ist einfach zu laufen, aber eben lang. Als wir die Seilbahn in Jenesien erreichen und ins Tal fahren, ist jeder irgendwie in Gedanken. Dass es jetzt vorbei ist, ist schwer zu begreifen. Draußen vor der Gondelstation tobt der Verkehr. Mit dem Bus fahren wir zur Jugendherberge. Tja, da hat uns das wahre Leben wohl leider zurück. Abends feiern wir nochmal unsere gelungene Tour und bedanken uns bei Elke und Ingo für die tolle Organisation und Betreuung.
In Summe sind wir 140 km gelaufen, mit 9000m Anstieg und 10600 m Abstieg.
Zusätzlich gefahren (Bus/Gondel) sind wir 62 km mit 2600m Anstieg und 1500m Abstieg.
Wir hatten so viel Glück, die Gruppe war toll, das Wetter spitze und niemand hat sich verletzt. Das einzige Knieproblem trat erst bei der Rückfahrt im Zug auf, das hat dann allerdings nur noch Erheiterung hervorgerufen.
Text: Ines Kutne
Bilder: Ines Kutne