Moselhöhenweg zwischen Koblenz und Trier, 05.05. - 09.05.2016
"Wird die Schönheit unerträglich,
schmerzt beim Aufstieg Fuß und Bein,
glänzt im Tal der Fluß unsäglich,
muß ich an der Mosel sein."
Dieser Worte Tacitus` des Älteren, die er kurz vor seiner großen Schlacht gegen die Westgoten im Jahr 248 n. Chr. sprach, sollte ich mich noch oft erinnern, nachdem wir uns an einem zwar strahlenden aber kühlen Morgen bei den Resten des Stuttgarter Hauptbahnhofes versammelt hatten.
Wir, das sind unser Guide Michael, seine Freundin Katy, Brigitte und Christa aus Waiblingen, Susanne aus Donzdorf, Gerald aus Kornwestheim, Angelika und deren Ehemann, meine Wenigkeit, auch aus Waiblingen. Ich heiße Jörg-Peter.
Nach einer kurzen Vorstellungsphase der teilnehmenden Wanderer, die ich unschwer am krassen Equipment auf dem Bahnsteig ausmachen konnte, stiegen wir in den Zug der uns pünktlich zu unserer Anschlußverbindung nach Koblenz bringen sollte. Da aber die Bahn ihrem Ruf gerecht werden wollte, deshalb eine Umleitung an der rechtsrheinischen Seite nahm, wurde aus dem Vorhaben der Pünktlichkeit nichts. Wir nahmen dann eben den Regionalzug der eine Stunde später fuhr. Der erholsame Teil des ersten Tages, die Zugfahrt, endete in Koblenz-Güls wo wir nach einer kurzen Ansprache Michaels den Moselsteig betraten. Eine weite Landschaft aus Obstwiesen und Weinbergen nahe Winningen gab uns die Illusion, eine Wanderung gewählt zu haben, die unser Streben nach Gemütlichkeit voll befriedigt. Von da an ging`s bergauf.
Oft schon bin ich über die Moseltalbrücke im Auto gefahren; oft auch mit dem Auto unten durchgebraust. Niemals hätte ich aber gedacht, daß die Überwindung zwischen unten und oben so schweißtreibend sein kann. Neidisch fiel unser Blick beim Überqueren des Rastplatzes Moseltalbrücke auf die Gäste, die nach Einnahme eines kleinen Snacks wieder in ihr Fahrzeug steigen durften um an ihr Ziel zu gelangen.
Nach sehr interessanter Unterquerung der Autobahn liefen wir also weiter über Höhenwege, von denen wir eine fantastische Aussicht über Städtchen wie Langental und Beltal hatten, zur Ruine Oberburg mit ihrer Matthiaskapelle. Von da war es noch ein kleines Stück zu einem Aussichtsplatz, der uns einen vollen Überblick auf unser erstes Übernachtungsziel, nämlich Kobern, bot. Das Stadtfest welches an diesem Tag in Kobern stattfand konnte uns allerdings kein rechtes Interesse abtrotzen, uns war nach Besichtigung unserer Zimmer dann nur noch nach Sitzen und Essen zumute.
In einer sehr gemütlichen Gaststätte deren Personal es darauf abgesehen hatte uns Vertreter der älteren Generation von der Umsicht und Fürsorge der heutigen Jugend zu überzeugen (alle Kellnerinnen waren augenscheinlich noch nicht lange dem Azubi-Alter entwachsen), genossen wir ein opulentes Mahl und tranken uns mit wenigen Schlucken einer bleiernen Müdigkeit entgegen. Über Einschlafstörungen habe ich am nächsten Tag niemanden klagen hören.
Wenn man mit Muse von einem erhöhten Aussichtspunkt das Moseltal überblickt, könnte man auf die Idee kommen, daß, sobald man den Kamm der Höhe erreicht hat, das Laufen nicht sehr anstrengend sein kann. Weit gefehlt!!! Es gibt am Bergrand des Flusses nämlich sogenannte Seitentäler, die, wo immer es sich bietet, das `auf Höhe laufen `unmöglich machen. Die Folge davon sind ständige Auf- und Abstiege, die am Ende der Wanderung die Teilnehmer mit stolzgeschwellter Brust von unzähligen Höhenmetern prahlen lassen. So auch uns.
Am Morgen des Freitags, der uns von Beginn an mit strahlendem Sonnenschein empfängt, überqueren wir unsere ständige Begleiterin, die Mosel über die Moselgoldbrücke.
Den Namen verdankt sie sicherlich Urlaubern die nach einem späten oder vielleicht auch zweiten Frühstück den Fluß gegen die schon höher stehende Sonne betrachtet haben. Zu unserer Loslaufzeit liegt die Brücke noch im Schatten des Waldes.
Der erste Aufstieg dieses Tages führt uns zur Mönch-Felix-Hütte und lässt uns den Wahnsinnsblick auf die Umgebung genießen. Weiter geht es auf gut ausgebauten und sehr gepflegten Wanderwegen über die Hohe Lei und die Hitzlei zur Röderkapelle und den Schildeberg, bevor wir den, für diesen Freitag, ersten steilen Abstieg nach Oberfell in Angriff nehmen. Zwischenzeitlich schwitzen wir nicht nur vom Laufen, auch die Sonne tut Ihre Arbeit und lässt unsere Deos versagen.
Folgerichtig ist die Fortführung des Weges wieder ein Aufstieg der uns zu unserem Rastplatz, dem Bleidberg bringt. Dort verschnaufen wir ein Stündchen in der Mittagssonne und bringen unsere Energiereserven auf Vordermann. Von da aus haben wir einen traumhaften Blick zur Burg Thurand. Frisch gestärkt wagen wir nun den Abstieg nach Alken über steile Weinbergwege und besuchen bei der Gelegenheit die sehr gut erhaltene Wallfahrtskirche St. Michael. Die Burg lassen wir auf unserem Weg ins Tal, auf einem Kreuzweg wandelnd, links von uns liegen.
Übrigens muß der religiöse Eifer unserer Vorfahren im Gebiet des Moseltals, für den Klerus als vorbildlich gegolten haben. Nirgendwo, selbst in Bayern, sah ich mehr steile Wege die mit den Reliefs der Leiden Christi` gesäumt sind, als hier. Vielleicht waren diese Wege früher auch mit Kerzen oder Fackeln bestückt und bildeten so etwas wie unsere heutigen Straßenlaternen. Wer weiß.
Nach nochmaliger Überquerung der Mosel streifen wir das Städtchen Löf und gehen, wie könnte es anders sein, am Kehrbach entlang, aufwärts über den Hatzenporter Laysteg zur Rabenlei. Wiederum werden wir mit Ausblicken auf die Landschaft von oben belohnt. Von dort geht es bergab nach Hatzenport. Unsere Gruppe, die sich nun ein wenig verkleinert hat, da einige sich von den vielen Eindrücken wahrhaft erschlagen fühlen, und die Abkürzung zum Ziel mit der Bahn vorziehen, bewegt sich mit merklich nachlassendem Elan bergauf über Dolling zur Burg Bischofsstein. Über den Moselsteig geht es dann direkten Weges zu unserer zweiten Übernachtung nach Moselsteig.
Ein Stündchen hat nun jeder um sich in der Pension der Familie Grolig ein wenig zu restaurieren. Der Rest des Abends vergeht bei Essen, Trinken und Schwätzen in dem gemütlichen Restaurant `Ringelsteiner Mühle`. Eine zu empfehlende Adresse, wobei man darauf achten sollte, bei der Getränkebestellung die richtige Glasgröße anzugeben. Nur um Unstimmigkeiten zu vermeiden.
Nach einer traumlos verbrachten Nacht und einem guten Frühstück, laufen wir am nächsten Morgen das Eltzbachtal entlang zur Burg Eltz. Da wir relativ früh schon auf den Beinen sind, empfängt uns diese scheinbar noch im Halbschlaf. Auf dem Burghof sind wir fast allein und bekommen auch sofort eine sehr interessante Führung durch die absolut toll erhaltenen Räume. Die Zeit vergeht wie im Fluge und wie wir die Gebäude verlassen, stehen die Besucher bereits Schlange am Ticketstand und den Souvenierläden. Der frühe Vogel fängt also auch hier den Wurm.
Nach diesem kulturellen Intermezzo geht nun der Ernst des Wanderns wieder los. Der Weg zum Forsthaus Roterhof und weiter durch den Wald zum Kompuskopf wird gekrönt von einem atemberaubenden Blick hinab auf den Dom St.Castor in Karden. Wiedermal ein Abstieg nach Karden mit nachfolgendem Aufstieg zum Pommerer Mart sorgen dafür, daß wir auch weiterhin unsere Beine und Füße spüren. Im dortigen archäologischen Park der vor Urzeiten eine römische Siedlung war, genießen wir eine einfache Stärkung die dort von ehrenamtlichen Mitarbeitern gereicht wird. Doch Vorsicht; nicht mehr als zwei Sachen gleichzeitig bestellen.
Danach steigen wir nach Pommern hinab um die Dienste der Bundesbahn für eine Station nach Klotten in Anspruch zu nehmen. Das funktioniert auch sehr pünktlich.
In Klotten angekommen, führt unser Weg hinauf (wie auch sonst) über das Friedenskreuz und die Rabenlei zum Wild- und Freizeitpark Klotten der sich oberhalb von Cochem befindet und sich regen Begängnisses erfreut. Dort stärken wir uns kurz mit diversen Getränken und Eisbechern bevor wir den Abstieg nach Cochem in Angriff nehmen.
Ein Aha-Erlebnis der schöneren Sorte bereitet, zumindest mir, der ich Jugendherbergen nur aus meiner eigenen Adoleszenz-Ära aus dem östlichem Teil Deutschlands kenne, der Komfort und die Hotelmäßigkeit der Jugendherberge in Cochem. Service, Freundlichkeit, Zimmergröße, Sauberkeit- einfach alles- erste Sahne.
Nach Besichtigung (Bestaunung) unserer Zimmer, laufen wir in die Innenstadt um uns aus der Vielzahl der Tourifängerkneipen die Solideste auszusuchen. Dieses Vorhaben scheitert an der schieren Menge der Möglichkeiten. Aber Hauptsache etwas Füllendes im Bauch und ein bisschen Hinsetzen und die Ruhe genießen. Ein kleiner Spaziergang in unsere Unterkunft rundet den Abend ab. Bei der Ankunft dort hören wir unsere Betten schon rufen. Auch an den Verlauf dieser Nacht fehlt mir schon am Morgen jegliche Erinnerung.
Nun haben wir schon Sonntag und wiederum benutzen wir die Bahn. Diesmal geht es nach Neef. Dort ausgestiegen laufen wir über die dortige Moselbrücke nach Bremm um über einen weiteren Kreuzweg zum Gipfelkreuz zu gelangen. Der Ausblick von dort ist grandios und erstreckt sich vom steilsten Weinberg Europas, dem Bremmer Calmont, bis zur wunderschönen Moselschleife bei Bremm. Eine begnadete Landschaft die übrigens auch von einem nahen Klettersteig, der direkt durch den Weinberg führt, betrachtet werden kann.
Nach besinnlicher Rast, bei der auch Weine verkostet werden können, laufen wir auf ziemlich ebenem Weg zum Calmont, einer rekonstruierten römischen Kultstätte. Von dort genießen wir den 4-Seen-Blick, einen Touristen-Gag der die Mosel als vier voneinander getrennte Badeseen erscheinen läßt. Wir kamen beim Zählen allerdings auf Sieben.
An der Klosterruine Stuben vorbei führt uns der Weg durch einen Wald ins Ellerbachtol und über das Brochemer Tal zum Ellerberg hoch der in 350m Höhe liegt. Unser letzter Abstieg führt an den drei Kreuzen vorbei zur Reichsburg Cochem. Dort stärken wir uns inmitten gut riechender Menschen, (was man von uns nicht mehr sagen kann) bei Kaffee und Kuchen, bevor wir zu unserer Luxusjugendherberge wandern um uns für den Abend ein wenig aufzuhübschen. Diesen verbringen wir wieder in einem der zahllosen Restaurants in Cochem, diesmal einem Italiener. Doch auch dieser Abend wird nicht sehr lang denn die Anstrengungen fordern ihren Tribut.
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Unseren letzten Tag beginnen wir nach einem guten Frühstück erstmal mit einer Bahnfahrt (dem Ruf der DB gerecht werdend, mit Verspätung) nach Trier. In dieser ältesten Stadt Deutschlands überlassen wir uns der fachmännischen Führung unseres uns schon sehr ans Herz gewachsenen Michaels. Wir besichtigen die Porta Nigra, den Dom, einige Kirchen und das kürfürstliche Palais.
Am Zurlauber Ufer nehmen wir eine deftige Mahlzeit ein, bevor wir am Nachmittag dann mit unserer mittlerweile gewohnten Eisenbahn nach Stuttgart zurückfahren.
Die vergangenen Tage haben uns wieder einmal gezeigt wie schön unser Land ist, wenn man nur versucht, es mit ein wenig Aktivität, hautnah zu erleben. Danken möchte ich an dieser Stelle allen, die mit ihrem Engagement dazu beitragen, daß solche Kurzurlaube zu dem werden, was sie sind. Nämlich unvergessliche Erlebnisse.
PS.: Nach nochmaliger Recherche möchte ich die eingangs gemachte Quellenangabe revidieren. Nicht Tacitus, sondern Olaf Schmidt aus der Klasse 5b der Roland Kaiser-Grundschule in Castrop Rauxel, verfasste dieses Gedicht.
Text: Jörg-Peter Görbert
Bilder: Katja Siegmann