Schneeschuh-Aufbaukurs in Avers, 10.02. - 12.02.2017

Schneeschuhtourenkurs im alpinen Gelände - Avers, das stille Tal des Hochgenusses
 

Kenner wissen gleich, wenn der Name des Ortes Avers fällt, „da ist es wahnsinnig schön“ oder „ganz schön kalt“. Mitunter lockt in der kleinen Schweizer Gemeinde das Schneeschuhabenteuer im alpinen Gelände und die Möglichkeit, dabei noch einen 3000er mitzunehmen. Avers-Juf, die höchstgelegene, ganzjährig bewohnte Siedlung Europas, liegt auf stolzen 2117 Metern Höhe. Gleich hinter dem letzten Haus der mit viel Holz bebauten Bauernsiedlung, der Pension Edelweiß (2126 m), hören Straße und Örtchen auf. Fortan ist man von einer ungewohnten Stille und reichlich Schnee umgeben und kommt nur mit Tourenski oder Schneeschuhen weiter. Auch der 7-köpfige Kurs, der sich im Februar 2017 auf den Weg machte, dieses urtümliche Stückchen Natur genauer kennenzulernen.

Die Verhältnisse am Starttag, Lawinenstufe 3, leichter Schneefall und keine Sicht, sind suboptimal. Die Leiter Michael Früh und Dragan Kiefer können die Leistungsfähigkeit der Teilnehmer nur grob einschätzen. Bis am Ankunftstag alle eingecheckt und abmarschbreit sind, ist der Nachmittag schon angebrochen. Anfangs erschweren die ungewohnte Höhe und ein zu schnelles Tempo den Aufstieg. Doch alle erreichen das Wengahorn auf 2849 Meter. Der Gipfelbereich ist abgeweht. Die Schneeschuhe zeigen sich unverwüstlich, als es die letzten Meter auf purem Stein nach oben geht. Das wohlverdiente Abendessen in der Pension verdient ein Lob: vier Gänge und Nachschlag satt. Nach Getreidesuppe, Salat, Wellenspätzle, die hier Teigwaren heißen, Lamm aus Juf, Kohlrabi und Eis, kommt eine wohlige Müdigkeit über das Grüppchen. Knappe 6 Euro für eine halbe Bier sind für Schweizer Verhältnisse dazu noch akzeptabel. Vollgefuttert und dem „Suppenkoma“ nahe, folgt der abendliche Theorieteil. Die Teilnehmer planen, nachdem sie sich vorab über Lawinenmuster, die 3x3 Filtermethode und die elementare Reduktionsmethode informierten, die Tour für den nächsten Tag mit dem Ziel Piz Piot, der mit seinen 3053 Metern das Highlight bedeutet. Im Stockbettenlager ist es derweil sommerlich heiß. Die Heizung lässt sich nicht abstellen. Vorteil der tropischen Nächte ist, dass die Klamotten superschnell trocknen. Die Sorge: Überleben das die Landjäger ohne zu verderben?

Der Sonnenaufgang am nächsten Morgen verspricht Kaiserwetter. Kein Schneefall, Sonne satt, weiterhin Lawinenstufe 3, dazu Südföhn und wie sich auf der Strecke zeigt, eiskalte Windböen, die die Spuren in Windeseile verwehen. Im Tagesgepäck sind Steigeisen und Pickel. Es geht zunächst gemütlich über die Juferalpe mit anfangs nur geringer Steigung bis zum Talschluss. Dann über kupiertes Gelände hoch zum Piotjoch auf 2820 Meter. Die recht fitte Gruppe tut sich am zweiten Tag leichter mit der Höhe und kann den ökonomischen Aufstieg unter wechselnder Führung genießen. Den Gipfel bereits im Blick, fällt nach gemeinsamer Risikoabwägung allerdings die Entscheidung zum Abbruch der Tour auf 2870 Metern. Die Bedingungen erlauben nichts anderes: stellenweise 35° und Triebschnee, LWS 3, dazu haben die Teilnehmer keine Erfahrung mit Pickel und Steigeisen, die jetzt zum Einsatz kämen.
Nach einem ausgiebigen Fotoshooting samt Rast erfolgt der Abstieg auf dem gleichen Weg. Den ganzen Tag begegnet der Gruppe nach dem Talschluss kein anderer Mensch. So bekommt sie auch nicht mit, dass talwärts eine Gruppe Skitourengeher eine Lawine ausgelöst hat. Anlass genug, sich vor Ort mit der VS-Suche zu beschäftigen und eine Mehrfachverschüttung zu simulieren. Fast rasant gelingt nach einem erneuten Festessen (Kalb aus Juf) die Tourenplanung für den letzten Tag. Es geht ein Stück mit dem Auto in Richtung Heimat nach Pürd (1921 Meter). Dann mit Schneeschuhen über den vereisten Averser Rhein rauf zum Gipfel des Großhorns (2781 Meter). An diesem Schönwettersonntag ist es allerdings vorbei mit der beschaulichen Ruhe vom Vortrag. Wie in einer Ameisenstraße bewegen sich am späten Vormittag die Skitourengänger gen Gipfel. Welches Glück, dass die Sieben rechtzeitig dran und sich nach einer Gipfelstippvisite bei klarer Sicht, Wind und Sonnenschein bereits wieder auf dem Rückweg befanden. Der Kurs war stolz auf das Geleistete, das verfestigte und neu erworbene Wissen der vergangenen Tage vermittelt durch die beiden Fachübungsleiter und vor allem, dass sie nun beim wirklich besonderen Örtchen Avers-Juf mitreden können.

 

Text: Sabine Ries, Michael Früh
Bilder: Sabine Ries

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